Crazy Inclusion
Inklusion bedeutet das Zusammenführen der Gesellschaft und die dazu notwendige Überwindung von Barrieren. Eine verrückte Idee oder eine Chance für alle?

Von Peter Pichler

17. Oktober 2023, 

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Der Fortschritt gehört zu unserem Leben wie die Luft zum Atmen. Die ständige Transformation unserer Gesellschaft ist keine kurz- oder langfristige Erscheinung, sondern ein ständiger Begleiter in unserem gesamten Leben.

Das Verrückte daran ist, dass Teile unserer Gesellschaft enorme Probleme damit haben, Veränderung als positive Realität zu erkennen, obwohl seit Menschen denken können, dieser Fortschritt besteht.

War es vor mehreren Jahren noch unvorstellbar, dass es keine kleinen Läden mehr gibt, wo wir unsere Waren des täglichen Lebens besorgen können, oder dass Finanzsysteme zusammenbrechen, so müssen wir heute erkennen, dass es keine Sicherheit vonseiten staatlicher Institutionen mehr gibt.

Die letzten Jahre haben uns gelehrt, dass es keine Instanz mehr gibt, die gesellschaftliche Interessen wirklich vertritt. Vielmehr müssen wir immer mehr die Ignoranz derer zur Kenntnis nehmen, die vorgeben, das zu tun. Denn es wäre sonst nur schwer erklärbar, wie plötzlich mehrere Systeme vor scheinbar unlösbaren Problemen stehen. Ob das Gesundheitssystem, das Finanzsystem, das Bildungssystem oder das Sozialsystem, es werden nahezu täglich Nachrichten verbreitet, wie schlecht es um all das bestellt ist, wofür mit Steuergeldern bezahlt wird.

«Wie schaffen wir es, eine neue Alltagskultur zu etablieren, die Menschen mit Behinderungen wertschätzt?»
Raúl Aguayo-Krauthausen, Autor und Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit

Bild © Adobe Stock

Völlig erschrockene, fassungslose Politiker erklären uns dann, dass sie nicht verstehen können, wie das Volk solche Entscheidungen fällen kann. Beispielsweise in Graz, wo jahrzehntelang die Volkspartei regierte und plötzlich eine kommunistische Partei an die Spitze der Stadtregierung gewählt wurde.

Strukturen sind unübersehbar aufgebrochen und die Parteischäfchen lassen sich nicht mehr so leicht motivieren, wie es noch vor wenigen Jahren möglich gewesen ist. Der Einfluss von Eigeninteressen auf die Verwendung von Steuergeldern wird immer deutlicher und das Vertrauen in die Regierungen schwindet zunehmend in immer kürzeren Zeiträumen. Wir sind also wieder zurück bei dem Wunsch nach Transformation oder besser noch beim Fortschritt, der von Menschen wie du und ich angestoßen und getragen wird.

Jetzt Inklusion

Wohl niemand hat im Geschichtsunterricht je davon erfahren, dass sich je eine Gesellschaft und noch dazu oder gar die gesamte Weltbevölkerung eines solchen Themas derartig angenommen hätte, auch eine derartige Größendimension war bis heute nicht vorstellbar. Ob es nun globale Interessen oder einfach eine mitmenschliche, empathische Entwicklung sein mögen, es ist jedenfalls ein Thema, das seit einiger Zeit vorhanden ist, und das, ob man nun will oder nicht, unsere nahe Zukunft zunehmend mitbestimmen wird.

Um Inklusion verstehen zu können, bedarf es mehr als nur Mitgefühl oder Hilfsbereitschaft. Beides sind essenzielle Eigenschaften, um ein inklusives Miteinander zu leben. Beschreitet man jedoch den Weg der Inklusion mit Scheuklappen, so endet das erst recht wieder im aktuellen Ist-Zustand, der Separation von Menschen in parallelen Systemen.

Was ganz praktikabel zu sein scheint, wird angesichts der zukünftig demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft nicht mehr zu stemmen sein, weil es ein immer weiter auseinanderklaffendes Ungleichgewicht zwischen Einnahmen und Ausgaben geben wird. Es wird also zu wenige geben, die in das Sozialsystem einzahlen, um die aktuellen Leistungen weiter anbieten zu können. Dazu zählt vorrangig die Versorgung des radikal steigenden Anteils älterer Menschen an der Bevölkerung.

Vielleicht ist die Inklusion eine Strategie, die unsere Gesellschaft auf das Problem der Überalterung besser vorbereiten will. Und wenn es so ist, ist es auch gut. Denn wir sollten uns des Problems bewusst annehmen und die Chancen darin erkennen.

Inklusion ist Frieden

Nach den sozialen Errungenschaften der 70er-Jahre folgte das Raubrittertum kapitalistischer Junkies. Sie sorgten dafür, dass weite Bereiche der damals zukunftsweisenden Errungenschaften zurückgebaut wurden und verkündeten mit selbstbewusst aufgekrempelten Ärmeln Wohlstand für alle, obgleich ihre wahren Interessen andere gewesen sein müssen, denn sonst wären die zuvor erwähnten, heute herrschenden Problematiken nicht erklärbar.

Genau diese neue, dem ausschließlichen Streben nach Wohlstand von immer weniger Menschen geschuldete Orientierung steht nun mit der Inklusion zur Debatte. Natürlich gibt es unzählige Argumente, die dem widersprechen, wie etwa, dass die Menschen noch nie so alt geworden seien oder man immer nur hier über Luxusprobleme spreche. Aber genau darin liegt jetzt die Chance für eine offene Diskussion über die Zukunft. Dabei ist die Inklusion eine Chance, Barrieren zu beseitigen und Menschen unabhängig von ihrer geistigen oder körperlichen Behinderung aus ihrer Isolation in die Gesellschaft zu holen.

Nicht auszuschließen ist dabei jedoch zu wenig, wir müssen alle ins Boot holen und vor allem auf dem gemeinsamen Weg mitnehmen. Wie bereits einige Organisationen weltweit erkannt haben, ist es für einen solchen Weg unerlässlich, alle Menschen zu erreichen und nicht nur den einen unmittelbar betroffenen Teil. Denn was bringt es Barrieren für behinderte Menschen zu beseitigen, wenn diese dann wieder in separierten Systemen abseits der Gesellschaft leben und was hilft das beim Finanzierungsproblem? Nichts, außer dass man kommunikativ auf das massive Finanzdefizit vorbereitet sein wird.

Eine Chance für jeden Einzelnen

Mit der Inklusion hat sich ein Fenster aufgetan, das allen eine Chance bietet. Einerseits denjenigen, die durch Barrieren benachteiligt sind, und andererseits allen anderen, die unter der aktuellen wirtschaftlich unsicheren Situation leiden. Der Weg hin zu einer inklusiven Gesellschaft bedeutet neben einer sich verändernden Einstellung auch viel Veränderungswillen in den wirtschaftlichen Strukturen.

«Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden.»
Raúl Aguayo-Krauthausen, Autor und Aktivist für Inklusion und Barrierefreiheit

Dabei sind alle Bereiche der Wirtschaft gefordert, wo auch zukünftig Bedarf an menschlicher Arbeitskraft herrscht, wie in der Produktion, dem Handel oder der Verwaltung. Wir werden alle Menschen, auch jene mit Behinderung, mitnehmen und unsere Ansichten über das Altern dementsprechend anpassen müssen, wenn wir inklusiv leben wollen, um letztlich damit unseren wichtigsten Wert in der Gesellschaft zu schützen: den Frieden.

Ignorieren wir die warnenden Zeichen der Zeit und der Geschichte, so werden wir unseren Frieden nur nach dessen neuerlicher Zerstörung wiederfinden. Das wäre wohl das Dümmste, denn dann haben wir nichts aus Vergangenen gelernt. Darum ist es so enorm wichtig, dass wir uns dem Thema Inklusion in Anbetracht der ganzen damit verbundenen Problemlage stellen. Die Zeit zu warten, zu überlegen und abzuwägen, ist nicht mehr vorhanden, wir müssen zum Handeln schreiten. Viel zu wichtig ist die Zukunft kommender Generationen und viel zu wichtig ist die Sicherung des Friedens für möglichst viele Menschen auf unserer Welt.

Das Tun im Fokus

Es ist also höchst an der Zeit, ins Tun zu kommen! Nicht mehr die eigenen Interessen vorzuschieben, um beruhigende Ausreden für Nichtstun zu erfinden, sondern endlich anzupacken und den bislang begangenen Fehlern mit Lösungen beizukommen.

Sich auf die Stärken des Einzelnen zu besinnen und selbst aktiv zu werden, liegt zwar nicht im offensichtlichen Interesse jener politischen Parteien, die uns regieren. Wir sollten uns jedoch nicht den Mut nehmen lassen, das bestehende System zu hinterfragen und viele ausstehende Antworten einfordern.

«Als Mitglied des Inklusionsvereins SPECIAL PEOPLE stellt Peter Pichler die Freiheit und Würde jedes Menschen vor die Ignoranz des Eigeninteresses. Alle, die Interesse an einer Mitarbeit bei SPECIAL PEOPLE haben, werden mit offenen Armen empfangen.»

Peter Pichler
SPECIAL PEOPLE

Vielerorts erntet man Unverständnis, wenn man Menschen mit dem Thema Inklusion konfrontiert. Viele von ihnen sind erst dabei, dessen ganze Tragweite zu erkennen, und andere wollen bei diesem Prozess nicht unterstützend zur Verfügung stehen, weil er ihre Lebensgrundlage eventuell negativ beeinflussen würde.

Für Menschen, die den aktuellen Lehrmeinungen in Hinsicht auf unser Sozialsystem ausgesetzt sind, ist es natürlich schwer, anzuerkennen, dass ihr Tun nur zum Teil richtig ist. Umso wichtiger ist es, Alternativen aufzuzeigen und Chancen erkennbar zu machen.

In Gesprächen mit sozialen Vereinen oder Unternehmen lautet fast immer die erste Frage: Welche Fördermittel sind angedacht und welche Dienstleistungen sollen damit bezahlt werden. Man will also zuerst wissen, ob ein Engagement als Mitbewerb einzustufen ist, und wenn ja, inwieweit das für die eigenen Einnahmequellen abträglich sein könnte. Im Fall von SPECIAL PEOPLE wurde vorerst auf eine staatliche Förderung verzichtet, weil ein auf die Menschen orientiertes Projekt sich zunächst nicht auf materielle Dinge wie z.B. die Beschaffung von Toiletten konzentrieren sollte.

Wir wollen Inklusion

Um den Weg der Inklusion zu beschreiten, wird ein offener und klarer Diskurs notwendig sein und es wird Mitstreiter brauchen, die diesen Weg mitgehen wollen und die für wichtige Grundwerte stehen und sich dafür einsetzen wollen: Frieden, Freiheit und Gleichheit.

Die Beseitigung von Barrieren ist ein Teil des Engagements, dessen es bedarf, um ein inklusives Leben zu ermöglichen. Im Fokus müssen die Aufklärung und die Erklärung des Nutzens im Interesse vieler Menschen stehen und daher bin ich sehr dankbar, dass dieser Beitrag mit der Hilfe von SPECIAL PEOPLE seinen Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat.

Kontakt:

Peter Pichler, [email protected]
SPECIAL PEOPLE, ZVR 1831955809, [email protected]

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