Inklusion und Kunst am Land
Das Besondere an Österreich ist die regionale Vielfalt. Dazu ist zu betonen: Entgegen einer inzwischen verbreiteten Wahrnehmung lebt ein bedeutender Teil der Bevölkerung nach wie vor nicht in Wien oder in anderen Ballungszentren, sondern in klein strukturierten Verhältnissen, in ländlichen Gemeinden und in Kleinstädten.

Von Robert Wimmer

17. Oktober 2023, 

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Wie sich diese Räume in Bezug auf ihre Lebensqualität und Zukunftsfähigkeit entwickeln, ist daher sehr bedeutsam. Dabei spielen Kulturinitiativen eine wichtige, wenn auch oft zu wenig wahrgenommene Rolle.

Die Lungauer Kulturvereinigung LKV ist die älteste zeitgenössische Kunst- und Kulturinitiative im Land Salzburg, 2024 feiert sie im kleinsten Bezirk mit gerade einmal 20.000 EinwohnerInnen das 50 Jahr Jubiläum. Kulturarbeit, wie sie die LKV betreibt, ist nicht in erster Linie «Veranstaltungsmanagement». Nicht das Übertragen von klassischen kulturellen Ereignissen «aufs Lands», z. B. die Tournee des Großstadttheaters in die Region. Nicht die bloße «Abspielstation in der Provinz» für Programme, die anderswo geschaffen wurden. Auch nicht der massentaugliche und kommerziell tragfähige «Event», das große Ereignis.

«Das Kulturzentrum ist ein offenes Haus und beherbergt das Jugendzentrum, eine Flüchtlingsberatung und Fortbildung, Seniorenkurse, Sprachcafes und Musikproberäume ebenso wie Kartenbüro, Kreativräume und Kino.»
Robert Wimmer, Leiter der Lungauer Kulturvereinigung & Theater MOKRIT

Bild © Adobe Stock

Die von der Lungauer Kulturvereinigung betriebene Kulturarbeit versucht Strukturen und Angebote für ALLE zu schaffen und meint damit auch wirklich: ALLE.

Es geht um den breiten und einfachen Zugang zur Kunst und Kultur, um eine vielfältige ästhetische Auseinandersetzung mit unserer Welt, um neue Möglichkeitsräume für verschiedene Alters- und Bevölkerungsgruppen. Kulturarbeit setzt bei Kreativität und Beteiligung von Menschen an. Sie motiviert nicht nur zum passiven Kulturkonsum, sondern zum Sich-Einbringen, Sich-Ausdrücken und Teilhaben. Die aktuelle Arbeit der Lungauer Kulturvereinigung ermöglicht vielfältige Teilhabe und setzt sowohl auf künstlerische Produktionen als auch auf klassische Kunstvermittlung und Grundversorgung mit kulturellen Angeboten (wie Musik, Film, Theater, Werkstätten, Bildungsangebote). Sie bietet mit dem Kulturzentrum „die künstlerei“ einen Treffpunkt und eine Heimat für viele Gruppen und Vereine und organisiert Angebote für spezifische Zielgruppen.

«Das Kulturzentrum ist ein offenes Haus und beherbergt das Jugendzentrum, eine Flüchtlingsberatung und Fortbildung, Seniorenkurse, Sprachcafes und Musikproberäume ebenso wie Kartenbüro, Kreativräume und Kino.»
Robert Wimmer, Leiter der Lungauer Kulturvereinigung & Theater MOKRIT

Bild © LKV, Anna Wieland

Mit den Special Arts werden seit vielen Jahren Menschen mit Beeinträchtigungen in den Lungau eingeladen, um in Kunstwerkstätten zu malen, zu tanzen oder Theater zu spielen. Auch viele Schulgruppen verbringen ihre Workshop-Tage auf der Theaterbühne im Lungau, ebenso wie die vier (!) vereinseigenen Ensembles: Puppentheater, Theaterkids, Musiktheater und das zeitgenössische Ensemble MOKRIT. Das Kulturzentrum ist ein offenes Haus und beherbergt das Jugendzentrum, eine Flüchtlingsberatung und Fortbildung, Seniorenkurse, Sprachcafes und Musikproberäume ebenso wie Kartenbüro, Kreativräume und Kino. So versteht es sich von selber, dass die LKV seit über 10 Jahren Teil der Initiative «Hunger auf Kunst und Kultur» ist und mehrere Programme gegen Armut in der Region proaktiv unterstützt.

Robert Wimmer, 1963 in Mauerkirchen geboren, Sonderpädagoge, Kulturmanager & Schauspieler, seit 20 Jahren künstlerischer Leiter der Lungauer Kulturvereinigung & Theater MOKRIT.

Peter Pichler
SPECIAL PEOPLE

Die LKV bietet ein niederschwelliges Angebot für junge Familien mit über 120 Veranstaltungen im Jahr und kooperiert mit allen Schulen, Gemeinde und vielen Sozial- und Kulturvereinen im Bezirk, denn «man kann es sich nicht leisten, in dieser kleinen Region nicht zusammenzuarbeiten.» In der Kulturarbeit der LKV steckt aber auch Distanzierung und Kritik gegenüber herrschenden Vorstellungen. Dies bringt sie per se in so manchen Konflikt mit regional Mächtigen und Bestimmenden, die es oft gar nicht gewohnt sind, wenn Muster und Wahrheiten hinterfragt werden. Aber es gehört eben auch zur Aufgabe von professioneller Kulturarbeit, zu irritieren und zu provozieren, neue Wege zugehen und neue Türen zu öffnen. Die Welt ist vielfältiger, breiter und offener, als wir es oft denken.

Kontakt:

Peter Pichler, [email protected]
SPECIAL PEOPLE, ZVR 1831955809, [email protected]

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